Fickus und Fickus Steuerberater Köln

Newsticker

Newsticker Steuern September 2019 Sekretariat | 30.09.2019

 

Aus der Mottenkiste zurück – Die Vermögens(s)teuer!

Wir haben uns einmal das Eckpunktepapier der SPD zur Vermögensteuer angesehen. Daß an dessen Entstehung kein Steuerfachmann beteiligt gewesen sein kann, sieht man schon daran, daß in dem Papier hartnäckig von der Vermögenssteuer (mit zwei „s“) die Rede ist. Daß zwei „s“ ein „s“ zuviel sind bei den Steuergesetzen, gehört zu den allerersten Lektionen in unserem Fach. Aber lesen wir doch mal weiter, was in dem Papier so alles zusammengetragen ist:

Der Steuersatz soll bei 1% liegen mit Klammerzusatz: „möglicher höherer Steuersatz für Superreiche“. Die Steuerbelastung soll sich „auf besonders reiche Teile der Bevölkerung konzentrieren, was durch hohe persönliche Freibeträge sichergestellt wird“. Und wie hoch sollen die Freibeträge sein? Und die Steuersätze für „Superreiche“? Fehlanzeige.

Es sollen nicht nur Personen, sondern auch Unternehmen besteuert werden. „Hier kann auf Erfahrungen aus der Schweiz zurückgegriffen werden.“ Das ist gut, dann braucht man hierüber ja nicht mehr selbst nachzudenken. Und die Schweiz war ja schon immer sozusagen eine Schwester im Geiste der deutschen Sozialdemokratie.

Und die bekannten Probleme der Vermögensteuer wie Verfassungswidrigkeit oder Gefährdung von Arbeitsplätzen durch Belastung der Wirtschaft? „Die verfassungsrechtlichen Probleme bei der Bewertung des Vermögens werden korrigiert. Mit der Vermögenssteuer werden keine Arbeitsplätze gefährdet.“ Na, dann ist ja gut.

Und damit man auch an die Infos über die Superreichen gut drankommt: „Sicherstellung des Steuervollzugs durch Einführung einer Meldepflicht der Banken über Wert und Umfang der in ihrem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände“.

Wenn Sie noch immer nicht genug haben von diesem Thema:

https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Parteispitze/20190826_Beschluss_Vermoegensteuer.pdf

 

Muß das Finanzamt seine Akteninhalte kennen?

Antwort: Ja! Ein Finanzamt hatte das anders gesehen. Im Rahmen einer Steuererklärung wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt, aber vom Finanzamt nicht berücksichtigt. Offenbar war die Steuererklärung etwas nachlässig ausgefüllt worden. Später hatte man dann beim Amt nochmal etwas genauer in die Akte geschaut und wollte die Einkünfte dann nachträglich noch besteuern. Der Bescheid war aber schon rechtskräftig. Man schaute in den Instrumentenkasten und zog die für den Fall untaugliche Berichtigung wegen „offenbarer Unrichtigkeiten“ (§ 129 Abgabenordnung) heraus. Dagegen zogen die Steuerbürger vor Gericht und bekamen vom Finanzgericht gesagt, es liege zwar keine „offenbare Unrichtigkeit“ vor, aber eine „neue Tatsache“ (§ 173 Abgabenordnung), und deshalb müßten sie bitteschön zahlen. Die Leute zogen vor den BFH und der stellte glücklicherweise fest: Bekannt und damit nicht neu ist alles, was in den Akten steht. „Unerheblich ist, ob der Sachbearbeiter den Vorgang tatsächlich liest, in sein Wissen aufnimmt oder ihn nur überfliegt. Verzichtet das Finanzamt daher auf die Sichtung ihm vorliegender Belege und damit auf die Nutzung ihm zugänglicher Erkenntnisquellen, so fällt dies in seinen eigenen Risikobereich.“ Klingt doch ganz logisch, oder? Den Klägern wurde recht gegeben und das Finanzamt muß nächstes Mal genauer hinschauen (Urteil vom 12.3.2019, IX R 29/17).

 

Darf das Finanzamt eine Verfahrensdokumentation anfordern?

Seit geraumer Zeit fordern die Finanzbehörden von jedem Unternehmen eine sogenannte Verfahrensdokumentation, also ein Dokument, in dem die Organisation des Unternehmens und insbesondere die EDV (Buchhaltung, Warenwirtschaft, Faktura etc.) detailliert beschrieben sind. Wer diese Dokumentation nicht vorlegen kann, hat aus Sicht einer Betriebsprüfung schon den ersten Minuspunkt eingefahren.

Man muß sich nun einmal auf der Zunge zergehen lassen, daß für die Anfertigung einer Verfahrensdokumentation keine gesetzliche Verpflichtung besteht.

Dankenswerterweise hat die Finanzrichterin am FG Münster, Frau Dr. Franziska Peters, diesen Umstand in einer renommierten Fachzeitschrift kürzlich einmal in aller Klarheit herausgearbeitet. Kurz nach der Veröffentlichung des Aufsatzes hat das Bundesministerium der Finanzen seine Rechtsauffassung zu diesem Thema ganz stickum und ohne Kommentar von seiner eigenen Website wieder heruntergenommen. Nun sitzen im Finanzministerium natürlich auch viele schlaue Juristen. Wir sind mal gespannt, ob sie sich in der überarbeiteten Version mit den Argumenten von Frau Dr. Peters auseinandersetzen werden.

 

Richter korrigieren Mondschätzungen des Finanzamtes

Immer wieder werden wir in der Steuerpraxis mit Situationen konfrontiert, in denen Steuerbeamte oder Betriebsprüfer wilde Schätzungen vornehmen, wenn nicht alle Bücher picobello geführt und alle steuerlichen Pflichten haargenau befolgt werden. Ein solcher Fall ist vom Finanzgericht Hessen entschieden und kürzlich veröffentlicht worden (Urteil vom 19. Juli 2018, Az. 2 K 1835/16). Da war man einer eBay-Händlerin auf die Spur gekommen, die ihre Tätigkeit nicht beim Finanzamt angemeldet hatte. Die Einnahmen aus dem Handel waren über die Auswertung der Paypal-Konten schnell ermittelt, aber bei den Ausgaben sah es anders aus, da die Frau die verkauften Gegenstände bei Haushaltsauflösungen gekauft und bar bezahlt hatte. Das Finanzamt hatte die Betriebsausgaben auf 30% der Einnahmen geschätzt und folglich 70% besteuert. Das Finanzgericht befand, die Betriebsausgaben seien auf 60% des Umsatzes zu schätzen, also immerhin doppelt so hoch. Ein weiterer Fall, der uns zeigt, daß sich der Gang zum Finanzgericht lohnt. Die Juristen dort können offenbar nicht nur besser Gesetze lesen, sondern auch besser rechnen als die Finanzbeamten. Was man ja erst einmal gar nicht denken würde („judex non calculat“ heißt es doch so schön). In einem aktuellen Fachaufsatz schätzen die Richter am Finanzgericht Münster Bleschik und Peters die Erfolgsquote (vollständiger oder teilweiser Erfolg) von Klagen gegen Schätzungen einer Betriebsprüfung auf sage und schreibe 80% ein.

 

Trockene Brötchen mit einem Heißgetränk sind kein Frühstück

Beliebte Kampfzone im Bereich der Reisekosten: Was ist ein Frühstück? Jetzt haben wir es höchstrichterlich schwarz auf weiß bekommen: Unbelegte Backwaren mit einem Heißgetränk sind kein Frühstück im lohnsteuerrechtlichen Sinne, wie der BFH mit Urteil vom 3. Juli 2019 – VI R 36/17 entschieden hat. Im Streitfall hatte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken kostenlos bereitgestellt. Das Finanzamt sah dies als ein Frühstück an, das mit den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern sei. Dem folgte der BFH nicht. Selbst für ein einfaches Frühstück müsse jedenfalls noch ein Aufstrich oder ein Belag hinzutreten. Der BFH folgt mit diesem Urteil weiter der großzügigen Linie, wie sie schon in seinem legendären Urteil zu Snacks auf Flugreisen zum Ausdruck gekommen war. Diese wollte er – anders als das Finanzamt - auch nicht als vollwertige Mahlzeit beurteilen. Na dann guten Appetit!

 

Bitte beachten Sie: Dieses Dokument verfolgt ausschließlich den Zweck, ausgewählte Themen in allgemeiner Form darzustellen. Die hierin enthaltenen Ausführungen und Darstellungen erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit und können eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Gewähr übernommen. Bei Fragen zu den besprochenen Themen können Sie sich jederzeit gerne an uns wenden.