Fickus und Fickus Steuerberater Köln

Newsticker

Newsticker Steuern September 2020 Sekretariat | 02.10.2020

 

Erinnerungslücken – Das Drama einer alternden Gesellschaft

Kennen Sie das auch? Man wird älter und manchmal fällt es schwer, sich daran zu erinnern, wie dies und das im einzelnen so abgelaufen ist. Das ist wohl der Lauf der Dinge und nicht groß zu ändern. Aber schaffen Sie es, mit der Berufung auf Erinnerungslücken einen Streit mit dem Ehepartner, dem Kind, dem Kollegen, dem Chef einfach so abzubügeln? Uns ist das leider nicht gegeben und Ihnen – so möchten wir unterstellen – auch nicht. Andere Leute können das offenbar besser. Unser Finanzminister Scholz hat es im Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Warburg Bank zuletzt vorgemacht. Verkehrsminister Scheuer – noch keine 50 Jahre alt! – zieht jetzt im Maut-Debakel nach. Offenbar wird darauf gesetzt, daß die Vorwürfe in der alltäglichen Nachrichten- und Informationsflut schon bald keinen Menschen mehr interessieren. Oder sich keiner mehr daran erinnert …

 

Corona-Überbrückungshilfe 2.0 eingeläutet

Die Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen einschließlich Freiberuflern und Soloselbständigen wird für die Monate September bis Dezember 2020 verlängert und ausgeweitet. Wirtschafts- und Finanzministerium haben am 18.9.2020 erste Stellungnahmen hierzu herausgegeben.

Zulageberechtigt ist künftig, wer entweder einen Umsatzeinbruch von mindestens 50 % in zwei zusammenhängenden Monaten im Zeitraum April bis August 2020 gegenüber dem Vorjahr oder einen Umsatzeinbruch von mindestens 30 % im Zeitraum April bis August 2020 gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen hat. Dies ist eine Lockerung im Vergleich zu den bisherigen Regelungen, nach denen ein Umsatzausfall von mindestens 60% nachgewiesen werden mußte.

Anträge werden in einem digitalisierten Verfahren und nur über einen registrierten Dritten (in der Regel: Steuerberater) voraussichtlich ab Mitte Oktober 2020 gestellt werden können. Wichtig: Die bisherige Deckelung der Förderung von Kleinbetrieben mit maximal zehn Mitarbeitern auf höchstens 9.000 EUR bzw. 15.000 EUR ist entfallen. Damit können auch kleinere Unternehmen einschließlich Freiberuflern und Soloselbständigen eine höhere Förderung beantragen. Die Rechnerei bleibt im Einzelfall umständlich und wie schon beim bisherigen Programm gibt es viele Zweifelsfragen und Diskussionen sind damit vorprogrammiert.

 

Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020 beschlossen

Die Bundesregierung hat am 2.9.2020 den Entwurf für das Jahressteuergesetz 2020 beschlossen. Schwerpunkte sind laut unserem Finanzminister Scholz die Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU), die Kurzarbeit, die Schaffung günstigen Wohnraums, die Digitalisierung und – natürlich – die Bekämpfung unlauterer Steuergestaltungen.

  • KMU sollen vor allem durch Verbesserungen Bereich der Sonderabschreibungen gefördert werden. Könnte helfen, aber nur wenn die Unternehmen Gewinne machen.
  • Die Kurzarbeit soll durch Steuerbefreiung der Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld gefördert werden. Klar, denn warum sollten die Zuschüsse anders behandelt werden als das Kurzarbeitergeld selbst?
  • Günstiger Wohnraum soll dadurch gefördert werden, daß steuerliche Nachteile bei verbilligter Vermietung abgemildert werden sollen. Steuerliche Förderung durch Lockerung der Daumenschrauben!
  • Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuermißbrauch sind auch im Programm. Wieder einmal werden Kapitalanleger und grenzüberschreitend tätige Unternehmer ins Visier genommen.
  • Die Digitalisierung soll durch Ausweitung der Reporting-Pflichten von Kranken- und Pflegeversicherungen und diverse Regelungen zu europäischen Umsatzsteuerthemen vorangebracht werden. Frage – Warum kann man eigentlich dem Finanzamt immer noch keine eMails schreiben?
  • In Reaktion auf steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung der Finanzgerichte werden wieder diverse Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, welche die günstige Rechtsprechung im Ergebnis wieder einkassieren.
  • Und weil die Soldaten nach der Initiative unserer Verteidigungsministerin mittlerweile umsonst mit dem Zug fahren dürfen (das war doch damals bei uns auch schon so, oder haben wir da eine Erinnerungslücke?), muß natürlich für die Besteuerung dieses Vorteils gesorgt werden.

 

Steuerzahlerfreundliche Urteile der Finanzgerichte

Solange diese noch nicht im Rahmen der Gesetzgebung wieder einkassiert worden sind, freuen wir uns an einigen steuerzahlerfreundlichen Urteilen der Finanzgerichte aus der letzten Zeit:

Keine Kürzung des Unterhaltshöchstbetrages bei Lebensgemeinschaft – Kinder kosten, wie alle Eltern wissen, aber die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten dafür sind nicht gerade üppig. Da hatte ein Steuerzahler eine studierende Tochter zu versorgen, die mit ihrem Lebensgefährten zusammenlebte. Das Finanzamt wollte den Eltern die Unterhaltskosten kürzen, weil der Freund auch zu den Kosten der Lebensgemeinschaft beitrug. Der Bundesfinanzhof fand das zu kleinlich und hat den vollen Kostenabzug gewährt (Urteil vom 28.04.2020, AZ VI R 43/17).

Gebrauchte Wohnungseinrichtung kann steuerfrei verkauft werden – Bei Kaufverträgen über Immobilien ist es mittlerweile üblich, einen Teil des Kaufpreises dem übernommenen Inventar zuzurechnen. Damit läßt sich für den Käufer Grunderwerbsteuer sparen. Da hatte ein Steuerzahler sein Ferienhaus samt Einrichtung verkauft. Das Finanzamt wollte für den Verkauf der Einrichtungsgegenstände nun Einkommensteuer kassieren. Es bedurfte eines Gerichtsurteils, um das Finanzamt vom Gesetzeswortlaut zu überzeugen, nach dem Gewinne (und Verluste!) aus dem Verkauf von Gegenständen des täglichen Gebrauchs von der Besteuerung ausgenommen sind (Finanzgericht Münster, AZ 5-K-2493/18-E, Urteil vom 03.08.2020, Revision nicht zugelassen).

Taxifahrt zur Arbeit absetzbar – Die Fahrt eines Steuerzahlers mit dem Taxi zur Arbeit war einem Finanzbeamten etwas dekadent erschienen und er wollte die Kosten hierfür nicht zum Abzug zulassen. Das Finanzgericht Thüringen sah das komplett anders und hat den Abzug in voller Höhe zugelassen (Urteil vom 22.10.2019, AZ 3 K 490/19). Das Finanzamt hat keine Ruhe gegeben und Revision eingelegt (AZ VI R 26/20).

Kaufpreisaufteilung für Immobilien auf dem Prüfstand – Wenn eine Immobilie erworben wird, stellt sich steuerlich die Frage, welcher Teil des Kaufpreises auf das Gebäude (Abschreibung!) und auf den Grund und Boden (keine Abschreibung!) entfällt. Hier ist die Interessenlage klar – Der Steuerzahler will den Kaufpreis soweit wie möglich dem Gebäude zuordnen und das Finanzamt dem Grund und Boden. Seit geraumer Zeit stellt das Bundesfinanzministerium im Internet eine etwas euphemistisch als „Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung“ bezeichnete Excel-Datei zur Verfügung. Diese führt, wenig verwunderlich, zu teils abenteuerlichen Ergebnissen im Sinne der Finanzverwaltung. Die Finanzämter wenden die „Arbeitshilfe“ eifrig an, wodurch Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert sind. Zuletzt hatte das FG Berlin Brandenburg (Urteil vom 14.08.2019, AZ 3 K 3137/19) diese Praxis sogar noch gutgeheißen (wir berichteten). Der BFH hat das Urteil des FG glücklicherweise komplett einkassiert und dem FG zur erneuten Verhandlung wieder auf den Tisch gelegt (Bundesfinanzhof, Beschluß vom 21.01.2020, AZ IX-R-26/19). Das Bundesfinanzministerium ist zum Beitritt zum Verfahren aufgerufen. Im Klartext – Das Ministerium selbst wird die „Arbeitshilfe“ auch vor Gericht rechtfertigen müssen.

Zinsbelastung nach verbummelter Betriebsprüfung möglich? – Eine Betriebsprüfung ist nie spaßig und erst recht nicht, wenn sie sich wie Gummi hinzieht. Die Prüfung im Streitfall begann im März 2015. Der Steuerzahler erhielt im Februar 2016 (!) erstmals eine Stellungnahme der Betriebsprüfung. Der Prüfungsbericht erging dann Ende November 2016. Die Verzögerungen wurden mit Erkrankung der zuständigen Prüferin gerechtfertigt. Aus der Prüfung resultierte ein Mehrergebnis und eine ordentliche Nachverzinsung mit 6% der Steuerschuld. Der Steuerzahler wandte sich gegen die Zinsfestsetzung, da die Verzögerungen im Ablauf der Prüfung zu Lasten der Behörde gingen. Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern wollte dem nicht folgen (Urteil vom 15.1.2020, AZ 2 K 245/17). Es wurde Revision eingelegt und der BFH wird nun über die Sache zu befinden haben (BFH X R 5/20).

 

Soli doch verfassungsmäßig?

In einem ausführlich begründeten Urteil hat das FG Nürnberg entschieden, daß die Erhebung des Solidaritätszuschlages auch für die Jahre 2020 und 2021 nicht verfassungswidrig sei (Urteil vom 29.7.2020, AZ 3 K 1098/19). Das Urteil liest sich aus unserer Sicht über Strecken doch sehr bemüht. „Jedenfalls bis 2019“ sei die Erhebung des Soli verfassungsrechtlich in Ordnung. Darum geht es aber nicht, sondern um 2020 und 2021. Dazu wird natürlich auch ausführlich Stellung genommen mit dem Ergebnis, daß der Soli auch für 2020 und 2021 eine „ausreichende“ verfassungsrechtliche Grundlage hat. Ausreichend heißt in unserem Sprachverständnis so viel wie „vier“, also „gerade noch so eben“. Das FG Nürnberg hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen und diese wurde auch eingelegt (BFH IX R 15/20).

 

 

 

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