Fickus und Fickus Steuerberater Köln

Newsticker

Newsticker Steuern Februar bis April 2021 Sekretariat | 28.04.2021

 

Unwissenheit schützt (…)

Wir haben in unserem Finanzminister einen Kandidaten, der jedenfalls das Nervenkostüm zum Kanzler mitbringt. Das hat er zuletzt wieder in der Befragung durch den Wirecard-Untersuchungsausschuß gezeigt, in dem er durch ausgeprägtes Nichtwissen glänzte. Die Berufung auf Unwissen ist ja ein gängiges Argument von Politikern, die von Presse oder Untersuchungsausschüssen in die Zange genommen werden. In anderen, ebenfalls sehr sensiblen Bereichen unseres Gemeinwesens reicht dies allerdings nicht aus, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Zum Beispiel im von Herrn Scholz verantworteten Steuerstrafrecht. Hier genügt es schon, wenn jemand nur im Entferntesten damit rechnen muß, mit einer Handlung gegen ein Gesetz zu verstoßen, um ihn wegen Steuerhinterziehung zu verknacken (sogenannter dolus eventualis oder bedingter Vorsatz). Da nutzt ihm die Berufung auf Nichtwissen rein gar nichts, geschweige denn das Argument, sich nicht mehr daran erinnern zu können.

 

Hehlerware zur Auswertung freigegeben

Da wir gerade bei Thema Moral sind. Es wurde nun vom Finanzgericht Köln nochmals bestätigt, daß Auskunftsersuchen aufgrund von Steuerdaten-CDs, welche die Finanzverwaltung im Rahmen von Hehlereigeschäften erworben hatte, rechtmäßig sind (Entscheidung des FG Köln vom 28.12.2020, 2 V 1217/20). Daß Vater Staat hier nicht so zimperlich zu sein braucht, hatte ja schon das Bundesverfassungsgericht durchgewunken (vgl. BVerfG v. 9.11.2010, 2 BvR 2101/09).

 

Bürger-Identifikationsnummer und Digitalisierung

Der Bundesrat hat im März der Einführung der sogenannten Bürger-Identifikationsnummer zugestimmt. Bürger sollen künftig beim Kontakt mit der Verwaltung nicht immer wieder die gleichen Daten angeben müssen, obwohl diese bei einer anderen Stelle in der Verwaltung bereits bekannt sind. Da mittlerweile jeder in Deutschland gemeldete Mensch eine Steuer-Identifikationsnummer besitzt, wird diese der Einfachheit halber künftig als Bürger-Identifikationsnummer verwendet.

Unsere Erfahrungen in puncto Digitalisierung im Steuerwesen können wir wie folgt zusammenfassen: Vater Staat hat Gott und alle Welt in den letzten 10, 15 Jahren erfolgreich dazu verpflichtet, ihm die Daten in mundgerechter Form anzuliefern, seien es Arbeitgeber, Versicherungen, Banken, Steuerberater und nicht zuletzt die Steuerzahler selbst. Umgekehrt hat sich in puncto Digitalisierung eher wenig getan, wie wir zum Beispiel daran erkennen können, daß man dem Finanzamt auch heute noch keine eMails schicken kann.

Wirtschaftsminister Dr. Altmaier will deshalb jetzt auch „estnische IT Teams einfliegen lassen“ (FAZ vom 12. April 2021), um der Digitalisierungsmisere staatlicher Stellen abzuhelfen. Dort läuft es ja so schön rund mit dem eGovernment. Das hat die Unternehmenswelt doch einigermaßen irritiert, wie aus der Reaktion deutscher IT-Start-ups auf diese Äußerung hervorgeht: „Ideen und Tatkraft sind vorhanden, sogar direkt vor der eigenen Haustür, in öffentlichen Verwaltungen, an den Hochschulen, in Start-ups. Sie müssen aber eben auch nachgefragt und gehört werden.“

Mehr Infos: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/offener-brief-deutscher-start-ups-an-altmaier-17297435.html

 

Interessante Entscheidungen im Jahr 2021

Im Laufe des Jahres 2021 können wir mit einigen interessanten Entscheidungen des Bundesfinanzhofes rechnen. Hier eine Auswahl von Verfahren mit möglicherweise großer Breitenwirkung:

Rentenbesteuerung: Der BFH wird schon am 19. Mai 2021 in den Revisionsverfahren X R 20/19 und X R 33/19 mündlich verhandeln. In den Verfahren geht es um die Frage, ob Altersrenten nach den derzeitigen Regelungen doppelt besteuert werden, weil die Abzugsmöglichkeiten in der Ansparphase geringer ausfallen als die Steuer auf die Renteneinkünfte.

Aktienverluste: Vater Staat will zwar gerne, daß wir ein Volk von Aktionären werden, um damit die Löcher in der gesetzlichen Rente gestopft zu bekommen. Aber wenn mal jemand Verluste mit Aktiengeschäften macht, dann soll er daraus bitte nicht auch noch Steuervorteile ziehen können. Folglich wird die Verrechenbarkeit von Verlusten aus Aktienverkäufen vom Gesetzgeber systematisch atomisiert. Mal sehen, was der BFH dazu meint (Az. VIII R 11/118).

Steuerpause bei der Erbschaftsteuer: Das Bundesverfassungsgericht hatte das Erbschaftsteuergesetz mit Urteil vom 17. Dezember 2014 für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen. Die Neuregelung wurde erst am 9. November 2016 verkündet, wenn auch mit Rückwirkung zum 1. Juli 2016. Möglicherweise sind damit Erbschaftsteuerbescheide, die in der Zeit vom 1. Juli bis zum 9. November 2016 erlassen wurden, unwirksam (Az. II R 1/19).

 

FG Münster stoppt Jagdeifer des Finanzamts

Hier noch ein schönes Urteil, mit dem das Finanzgericht Münster den Jagdtrieb eines Betriebsprüfers in seine Grenzen gewiesen hat. Der 1. Senat des Gerichtes hat mit Urteil vom 9. März 2021 (Az. 1 K 3085/17 E,G,U) entschieden, daß geringfügige Mängel in der Kassenführung eines Imbißbetriebs keine über die konkreten Auswirkungen dieser Mängel hinausgehenden Hinzuschätzungen rechtfertigen. Ein findiger Betriebsprüfer hatte herausgefunden, daß während des dreijährigen Prüfungszeitraums an insgesamt fünf Tagen einzelne Barumsätze nicht in der Kasse erfaßt wurden. In der Gesamtsumme beliefen sich die nicht enthaltenen Beträge auf knapp 100 Euro. Darüber hinaus wurden an neun weiteren Tagen Kassenbewegungen um ein bis wenige Tage verspätet in der Kasse verbucht. Aus diesen Gründen seien die gesamten Aufzeichnungen nicht ordnungsgemäß und es bestehe eine Schätzungsbefugnis, meinte der Prüfer. Seine Schätzung führte im Ergebnis in etwa zu einer Verdreifachung der erklärten Gewinne. Das FG Münster hat der Klage des Steuerpflichtigen gegen diese vollkommen überzogene Maßnahme dankenswerterweise in vollem Umfang stattgegeben. Wir sind gespannt, ob das Finanzamt sich traut, gegen diese Entscheidung in Revision zu gehen.

 

Neues Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau

Die Bundesregierung hat ein neues Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau auf den Weg gebracht. Glatte 11 von 22 Punkten betreffen dabei das Steuer- und Abgabenrecht. Es stehen tolle Sachen in dieser Liste wie zum Beispiel:

  • Durch die stärkere Nutzung kooperativer Betriebsprüfungen wollen wir dafür sorgen, daß Betriebsprüfungen zeitnah, zügiger und mit kleinstmöglichem Aufwand für alle Beteiligten erfolgen können.
  • Wir treiben den elektronischen Austausch der Finanzverwaltung insbesondere mit Unternehmen weiter voran.
  • Wir wollen nun alles daransetzen, daß Eltern bei der Beantragung von Elterngeld viele Papiernachweise nicht mehr beilegen müssen.

 

Es klingt schon etwas nach schlechtem Gewissen. Wenn nur ein Bruchteil der guten Vorsätze in die Realität umgesetzt werden könnte, wären wir schon sehr zufrieden …

Mehr Infos: https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975232/1888768/a9aa82fe9b3e742772f3bb122afbbcae/2021-04-13-massnahmenpaket-buerokratieabbau-data.pdf

 

 

 

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