Gesetzgeber will Steuerrisiko für Personengesellschaften zementieren
Ein sehr delikates Steuerthema ist die sogenannte Abfärbetheorie (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Diese kann dazu führen, daß eigentlich nicht der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte doch gewerbesteuerpflichtig werden. Der Fall ist nur für Personengesellschaften relevant wie z.B. eine Gemeinschaftspraxis von Freiberuflern oder eine Grundstücksgemeinschaft. Wenn diese Gesellschaften auch nur in geringem Umfang gewerbliche Einkünfte erzielen, hat dies zur Folge, daß auch alle (!) anderen Einkünfte der Gewerbesteuer zu unterwerfen sind. Ein Bespiel hierfür wäre der Verkauf von Zahnpflegemitteln durch eine Zahnarztpraxisgemeinschaft. Dieser kann dazu führen, daß die Zahnärzte auch Gewerbesteuer auf ihre eigentlich gewerbesteuerfreien ärztlichen Einkünfte bezahlen müssen. Ein steuerlicher GAU.
Im Newsticker Juli / August 2018 hatten wir über ein positives Urteil des Bundesfinanzhofes zur Abfärbetheorie berichtet: Der Bundesfinanzhof hatte entschieden, daß die Abfärbetheorie nicht gilt, wenn keine gewerblichen Gewinne, sondern nur Verluste erzielt werden (Urteil vom 12. April 2018, IV R 5/15). Dieses Urteil eröffnet je nach Sachlage die Möglichkeit, eine vom Finanzamt behauptete Abfärbung abzuwehren, und zwar dann, wenn man unter Zuhilfenahme aller Möglichkeiten dem Finanzamt vorrechnen kann, daß mit der gewerblichen Tätigkeit keine Gewinne, sondern nur Verluste erzielt wurden.
Der Gesetzgeber will diese Lücke nun im Steueränderungsgesetz 2019 schließen. In dem geplanten § 15 Abs. 3 EStG-E soll – mit steuerlicher Rückwirkung! – das günstige BFH-Urteil einkassiert und gesetzlich abgesichert werden, daß ohne jegliche Einschränkungen wieder eine gewerbliche Abfärbung auf alle weiteren Einkünfte eintreten soll. Uns hätte es sehr gefreut, wenn der Gesetzgeber das Urteil des BFH zum Anlaß genommen hätte, die schikanöse Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ein für allemal abzuschaffen. Aber uns fragt ja keiner …
Gesetzgeber will Steuervorteile bei Darlehensverlusten kassieren
Wir hatten in der Vergangenheit (Newsticker Januar, Februar und März 2018) zu einer neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes berichtet, nach der es möglich ist, Verluste aus privaten Darlehensforderungen steuerlich geltend zu machen. Ein wichtiger Anwendungsfall ist die Gewährung von Darlehen an die eigene, notleidende GmbH. Diese günstige Rechtsprechung wird mittlerweile auch von den Finanzgerichten aufgegriffen, so zuletzt vom FG Rheinland Pfalz in seinem Urteil vom 19.11.2018, Az. 3 K 1846/15.
Auch diese Fälle will der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2019 einkassieren. In Reaktion auf das BFH-Urteil vom 24.10.2017 (VIII R 13/15) klargestellt, daß insbesondere der durch den Ausfall einer Kapitalforderung entstandene Verlust steuerlich unbeachtlich sein soll. Auch soll die Veräußerung von wertlosen Wirtschaftsgütern (z.B. Aktien) steuerlich unbeachtlich sein. Die Neuregelung soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2020 anzuwenden sein. Wir finden es sehr merkwürdig, wenn der Gesetzgeber bei Gewinnen ordentlich zulangt, Verluste aber nicht gelten lassen will. Es ist schon heute absehbar, daß diese Ungleichbehandlung vor dem Bundesverfassungsgericht landen wird.
Aber ein Steuererlaß für die Weltmeisterschaft ist möglich
Nachdem wir oben darüber berichtet haben, wie kleinlich der Gesetzgeber gern einmal günstige Urteile der Finanzgerichte einkassiert, sind wir doch immer wieder erstaunt über die Großzügigkeit, die gegenüber großindustriellen Interessen an den Tag gelegt wird. Gemäß § 50 Absatz 4 EStG können die Finanzbehörden bei Steuerausländern die Steuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschalbetrag festsetzen, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Ein solches besonderes öffentliches Interesse besteht nach dieser Regelung an der inländischen Veranstaltung international bedeutsamer kultureller und sportlicher Ereignisse, um deren Ausrichtung ein internationaler Wettbewerb stattfindet. Ein solches Steuergeschenk erhielt unter anderem die UEFA im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2024 (Bundestagsdrucksache 19/2323). Im Zuge der Gleichberechtigung ist die Bundesregierung der Auffassung, daß auch die Ausrichtung einer Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen (in Deutschland zuletzt 2011 ausgerichtet) ein so bedeutsames Ereignis sein kann, daß sogar ein vollständiger Steuererlaß auf die erzielten Gewinne des Ausrichters in Frage kommt (BT-Drucks. 19/9670). Die Auskunft, welche Sportverbände Erlaßanträge gestellt haben und in welchen Fällen der Erlaß gewährt worden ist, unterliegt nach Ansicht der Bundesregierung dem Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung (AO). Schade, da hätten wir doch gerne etwas mehr drüber erfahren.
Und was macht die Steuer für Internetgiganten?
Eigentlich gar keine so abwegige Idee, die Gewinne von Internetgiganten wie Google, Facebook und Co. auch in den Ländern zu besteuern, in denen die Nutzer sitzen. Mit deren Daten werden schließlich die enormen Gewinne erzielt. Hierauf zielt das Konzept der Digital Service Tax (DST) ab, das den Besonderheiten der Internet-Industrie Rechnung tragen soll. Hier haben auf EU Ebene sogar Frankreich und Deutschland einmal an einem Strang gezogen und ein gemeinsames Steuerkonzept vorgelegt. Seit dem 12.03.2019 ist es nun amtlich: Es wird nicht zu einer Umsetzung der DST innerhalb der EU kommen, teilte EU-Ratspräsident Eugen Teodorovici mit. Der gemeinsame Vorschlag von Deutschland und Frankreich stieß trotz einer breiten Mehrheit insbesondere bei den Mitgliedstaaten Schweden, Finnland, Dänemark und Irland auf Ablehnung. Da in Steuerfragen in Europa das Einstimmigkeitsprinzip herrscht, ist die Einführung einer einheitlichen DST auf europäischer Ebene somit vorerst gescheitert. Statt dessen wird von den Ministern eine globale Lösung bis 2020 angestrebt, deren Zustandekommen nach unserer Meinung aber noch viel unwahrscheinlicher ist.
Nachdem ein EU-weites Konzept nicht zustande gekommen ist, wurde die DST in Frankreich und auch in Österreich auf nationaler Basis umgesetzt. In Frankreich soll die Steuer ab dem 01.01.2019 eingeführt werden und dem Land etwa eine halbe Milliarde jährlich einbringen. Nicht sonderlich viel, aber wahrscheinlich nur der Einstieg in das neue Steuerkonzept. Von der Steuer sollen jedoch nur Unternehmen betroffen sein, deren jährlicher Umsatz mehr als 750 Mio. EUR weltweit und mehr als 25 Mio. EUR in Frankreich beträgt. Google, Apple, Amazon und Facebook sind wie knapp 30 weitere Unternehmen dabei. Österreich hat am 03.04.2019 eine DST beschlossen und schließt sich hinsichtlich der Umsatz- und Gewinngrenzen der Rechtslage in Frankreich an. Die DST soll dort ab dem Jahr 2020 eingeführt werden. Sie sieht eine Besteuerung i. H. v. 5 % vor, allerdings auf Basis einer niedrigeren Bemessungsgrundlage. Deutschland will derzeit keine nationale DST einführen und sich statt dessen weiter für eine internationale Lösung stark machen.
Krankenversicherungsbeiträge der Kinder steuerlich absetzen
Nun aber wieder zurück in die Niederungen des Alltags mit ein paar Informationen zu den Tummelplätzen des steuerlichen Normalverbrauchers - Tragen Eltern, die ihrem kindergeldberechtigten Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet sind, dessen Basis-Kranken- und Pflegeversicherungs-Beiträge, können diese Aufwendungen die Einkommensteuerlast der Eltern mindern. Ein solcher Kostenabzug ist sogar dann zulässig, wenn das Kind erwerbstätig ist und der Arbeitgeber die Beiträge unmittelbar vom Lohn des Kindes einbehalten hat. Hier ist die Finanzverwaltung auch einmal großzügig (BStBl. 2019, 254). Ihr reicht es aus, wenn das Kind noch zu Hause wohnt und damit sogenannten „Naturalunterhalt“ (Kost & Logis) erhält. Die Verwaltung ignoriert damit das insoweit strengere Urteil des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 13.3.2018, Az. X R 25/15, BStBl. II 2019, 191), das eine Erstattung der Versicherungsaufwendungen von den Eltern an das Kind in Geld erfordert. Voraussetzung für den Abzug ist lediglich, daß das Kind noch einen Unterhaltsanspruch hat und daß es die Beiträge nicht in der eigenen Steuererklärung als Vorsorgeaufwendungen ansetzt. Für Kinder in Ausbildungs- und Praktikumsverhältnissen ergibt sich für die Eltern hier die Möglichkeit einer spürbaren Steuervergünstigung.
Vorfälligkeitsentschädigung für berufliche Zweitwohnung nicht absetzbar
Die moderne Arbeitswelt verlangt es manchem Berufstätigen ab, am Arbeitsort eine Zweitwohnung zu nehmen. Die Kosten hierfür sind innerhalb gewisser Grenzen steuerlich abzugsfähig. Im Urteilsfall hatte ein Arbeitnehmer am Beschäftigungsort sogar eine Wohnung gekauft (wenn das mal nicht ein nach Berlin abgeordneter Beamter war, wer traut sich das sonst …). Bei Beendigung der Tätigkeit verkaufte der Mann seine Wohnung und mußte der Bank für die vorzeitige Rückzahlung des Kredits eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Diese wollte er natürlich von der Steuer absetzen. Das hat der BFH aber nicht zugelassen (Urteil vom 3.4.2019, Az. VI R 15/17; veröffentlicht am 29.5.2019). Er sah offenbar mehr den Aspekt der Kapitalanlage als die berufliche Notwendigkeit im Vordergrund.
Verluste aus ehrenamtlicher Tätigkeit absetzbar?
Ein interessanter Fall aus dem Bereich des bürgerschaftlichen Engagements. Da war jemand nebenberuflich als Übungsleiter tätig, also zum Beispiel als ehrenamtlicher Chorleiter oder Fußballtrainer. Er hatte dafür sage und schreibe 108 EUR an Aufwandsentschädigung erhalten bei Kosten in Höhe von 500 EUR (die sich schon aus Fahrtkosten schnell ergeben können). Das Finanzamt wollte den Verlust nicht anerkennen. Der Fall ist bis zum Bundesfinanzhof gegangen. Der hat die Sache allerdings ans Finanzgericht zurückverwiesen. Das soll nun prüfen, ob der Mann „mit der Absicht der Gewinnerzielung“ tätig war. Wenn er ehrlich ist, wird er das nicht behaupten, denn beim Ehrenamt schaut man nicht aufs Geld. Wir sind uns ziemlich sicher, daß er damit am Ende den Steuervorteil verlieren wird. Da fragt man sich doch, wie die Steuergesetze in puncto bürgerschaftliches Engagement mit den Sonntagsreden unserer Politiker zu diesem Thema in Einklang zu bringen sind.
BFH läßt schlampige Arbeit der Betriebsprüfung nicht durchgehen
Ein Unternehmer hatte die Betriebsprüfung im Haus. Schlimm genug. Die Prüfung ging voran und es ergaben sich Steuernachzahlungen. Der Unternehmer berichtigte seinen Fehler noch während der Betriebsprüfung und zahlte die Steuern nach. Nach dem Ende der Prüfung schreibt der Prüfer seinen Bericht, vergißt aber dabei, die schon erfolgten Zahlungen des Unternehmers zu berücksichtigen. Die Steuer wird folglich zu hoch festgesetzt. Der Unternehmer verschläft unglücklicherweise die Einspruchsfrist gegen die falschen Bescheide. Pech gehabt, sagt das Finanzamt. Der Mann ging zum Finanzgericht. Pech gehabt, sagt das Finanzgericht. Erst beim Bundesfinanzhof bekam er Recht. Der BFH sah den Fehler als sogenannte „offenbare Unrichtigkeit“, vulgo Schlamperei, und ließ die Berichtigung der fehlerhaften Steuerbescheide zugunsten des Unternehmers zu (Urteil vom 24.1.2019, Az. V R 32/17).
Gemein - Doku-Soap-Teilnehmer muß Steuern nachzahlen
Da nahm jemand an einer Doku-Soap teil und ließ sich von hilfreichen Geistern vor laufender Kamera sein doch etwas in die Jahre gekommenes Haus renovieren. Sehr rührend, aber nach dem Beschluß des Finanzgerichtes Köln mit Steuerfolgen verbunden (FG Köln, Beschluß vom 28.2.2019, Az. 1 V 2304/18). Anders als z.B. bei einem Lotteriegewinn, der steuerfrei bleiben kann, gab es hier einen umfangreichen Vertrag zwischen der Produktionsfirma und dem Hausbesitzer, der gegenseitige Rechte und Pflichten regelte. Das Finanzgericht sah hierin einen Grund, die erhaltenen Vorteile aus der Renovierung der Einkommensteuer zu unterwerfen. Der Beschluß ist im einstweiligen Rechtsschutz ergangen und das endgültige Urteil über den Fall bleibt abzuwarten.
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